Donnerstag, 23. Februar 2017

Entscheidungen

Diese Worte kommen mir unendlich schwer über die Lippen, aber es ist jetzt offiziell: meine letzte Saison ist schon halb vorbei. Ich G-E-H-E nach Hause - im wahrsten Sinne des Wortes: von Äkäslompolo nach Wewelsfleth - mein längster Heimweg. Soweit jedenfalls der Plan. Santano trägt das Gepäck, ich trage die Verantwortung ... und Qaanaaq ... im Moment trägt er noch nicht mal seinen Knochen. Das kriegen wir vielleicht bis dahin ja noch hin ^^

Schon in meinem Urlaub im Sommer habe ich mich nach einem geeigneten Packsattel umgesehen. Das gute Stück hat dann letztendlich ein Sattler aus den USA importiert. Santano und ich trainieren mal mehr oder weniger fleißig damit. Es kommt eigentlich noch eine Tasche oben darauf, aber immer schön ein Schritt nach dem Anderen. Darin werden dann Zelt, Isomatte, Schlafsack, Kocher, Proviant, Ersatzklamotten, ein Wanderreit-Weidezaunpaddock usw. verstaut. Im Moment üben wir mit 6 kg Trockenfuttersäcken je Tasche. Santano trägt sie mittlerweile mit Fassung. Anfangs war es ihm etwas unheimlich, wenn ein Ast an den Taschen entlang geschrammt ist, aber diese Phase haben wir zum Glück überwunden.





Warum? Das ist eine gute Frage, die ich nur schwer beantworten kann. Ich liebe diesen Ort hier. Ich genieße dieses Leben, das Draußen sein in der Natur so sehr. Ich mag meinen Job, meine vier- und zweibeinigen Kollegen. Ich liebe die Ruhe, die Einsamkeit, die Uhren, die hier anders ticken - langsamer, bewusster, intensiver. Und trotzdem..... Ich muss mir über einiges klar werden. Ich habe in Deutschland mein Haus, um das sich seit Jahren meine Eltern (Mamsi, Dad, danke an dieser Stelle noch einmal ^^) kümmern und ich habe wahnsinnig viel Lust auf dieses Abenteuer, diese Wanderung. Die Idee spukt mir nun schon über ein Jahr im Kopf herum und nimmt seit dem mehr und mehr Gestalt an. Sie brennt mir unter den Nägeln und treibt mich zum Aufbruch.  

Was ich in Deutschland machen möchte? Ich habe KEINE Ahnung ... und bin für Ideen offen.  

Alles in allem fällt es mir wahnsinnig schwer das alles hier los zu lassen. Ich werde im Kindergarten neuerdings regelrecht sentimental, wenn ich daran denke, dass ich die nächste Generation schon nicht mehr aufwachsen sehe, dass ich ihnen nicht das 1x1 der Futtererziehung lehren werde, dass sie nicht von mir das erste Mal ein Halsband angezogen bekommen und dass ich Susi nicht mit Namensvorschlägen nerven kann ^^ Den Welpen ist meine Verweichlichung nicht entgangen: Quinoa ist mir schon zwei Mal durch die Tür geflutscht, dieses kleine listige Plüschmonster. ^^ Ich werde traurig, wenn ich bei Susi in der Praxis sitze, wo ich so viel gelernt habe und so oft Dinge getan habe, von denen ich nicht dachte, dass ich sie in meinem Leben einmal tue(n muss). Und ich grüble viel, viel mehr als mir gut tut: über das Leben, über die Zukunft, über Sinn und Unsinn von dieser Entscheidung. Ich versuche mich - mal mehr, mal weniger erfolgreich - abzulenken.   

"Wenn's am Schönsten ist, soll man aufhören." Von welchem Idioten kommt eigentlich dieser Satz? Weiß der/die, was er/sie da verlangt? Ich denke immer öfter, dass sich im Leben vieles nur darum dreht: loslassen. Und dass das Loslassen eines der größten Aufgaben ist, die das Leben an uns stellt: Orte loslassen, die wir verlassen. Menschen loslassen, die wir nicht halten können. Zeiten loslassen, die hinter uns liegen. Loslassen, was man am liebsten festhalten möchte ... für immer umklammert...

Orte verändern sich, Dinge ändern sich, Menschen verändern sich, Zeiten ändern sich. Wir bekommen nie wieder, was wir jetzt haben, nie wieder in dieser Form. Was wir jetzt erleben, erleben wir nur einmal so wie wir es jetzt erleben und wahr nehmen. Nächstes Mal ist es nicht mehr das Selbe, fühlt sich anders an. Ich habe Angst, dass ich nicht zurück bekomme, was ich losgelassen habe: Orte nicht, Menschen nicht, Zeiten nicht, Gefühle nicht, Empfindungen nicht, Gedanken nicht, Momente nicht. Dass sie verloren sind ... für immer. Und obwohl ich weiß, dass es nicht so ist, fühlt sich momentan alles wie Verlust an und nicht wie Gewinn, alles wie Abschied und nicht wie Wiedersehen, alles wie Angst und nicht wie (Vor-)Freude. 

Ich hasse Veränderungen. Manche Dinge könnten meinetwegen ewig so bleiben, aber ewig ist begrenzt und bleiben wird verlassen: Dinge ändern sich. Orte ändern sich, Menschen ändern sich, Zeiten ändern sich ... jeden Moment und oft "wenn's am Schönsten ist".

Donnerstag, 9. Februar 2017

Santano und Qaanaaq, die Dritte ^^

Wir haben momentan wieder eine Kältewelle zu fassen. Es sind um die -20 Grad und strahlender Sonnenschein. Ich habe mich trotz der Kälte zu einem Ausritt aufgerafft und war zu geizig für eine Stunde ein Wärmepad anzubrechen, was eigentlich sieben bis acht Stunden hält und somit meine Hände über einen gesamten Arbeitstag retten könnte. ^^ Und: ich habe es bereut.

Das jüngste Familienmitglied Qaanaaq war auch mit dabei. Santano erweist sich wieder als weltbestes Pony, in dem er netterweise nicht auf das kleine Flauschbällchen tritt, dass sich ungeniert vor seine Füße wirft: Plüschpopo am Boden, Pfoten in die Höh ^^

Hier kommen ein paar Eindrücke von unserem dritten gemeinsamen Ausritt. Teilweise war ich mit Kamera, Hund, Pferd und kalten Händen etwas überfordert - wie man vor allem im Video sieht ^^
*KLICK*

SO schön ... können Zwingerzäune sein ^^

Plüschpony und Flauschwauzer ^^

"Wann geht's los?"




Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus ^^

Mittwoch, 1. Februar 2017

Galopp unter flammendem Himmel

Gestern macht unsere Helferin Myriam den Vorschlag abends noch reiten zu gehen. Ich konnte morgens noch nicht ahnen als WIE gut ihre Idee sich herausstellen sollte ^^ Gesagt, getan. Es ist auch nicht so kalt, also putzt Miri schon mal die Pferde, während ich die letzten Hundemäuler mit Fleischsuppe versorge. Als wir mit Blaer und Santano den Stall um ca. 18 Uhr verlassen, steht der Himmel schon lichterloh "in Flammen": Nordlichter!

Ich betätige mich noch kurz als lebendige Nordlichter-App und sage den Gästen, die im Camp wohnen, bescheid und dann geht es los: Wir lassen das Camp und den protestierenden, zukünftigen Reitbegleithund Qaanaaq hinter uns und werden von der Nacht verschluckt. Zuerst müssen die Pferde sich ihren Weg durch den Tiefschnee bahnen, über uns tanzt grünes Nordlicht, bewegt sich, setzt die Nacht in Flammen. Die Pferde schnauben, der Schnee knirscht und funkelt. Rundherum ein Meer aus Nichts.

Der Weg endet auf einer geräumten Forststraße und die Ponies genießen es, endlich mal voran zu kommen und schlagen einen flotten Trab an, um dann in den Galopp zu fallen. Und so fliegen wir dahin ... unter flammendem Himmel.

"Das Leben besteht nicht aus den Momenten, in denen du atmest.
Es sind die Momente, die dir den Atem rauben"
(aus Hitch, der Date-Doktor)